Claudia Muntschick ist Architektin und Expertin für Revitalisierung von Industriebrachen. Bei Kreatives Sachsen ist sie für die Beratung und Vernetzung von Kultur- und Kreativschaffenden in Ostsachsen verantwortlich.
Umnutzung alter Bausubstanz
Schon während ihres Architekturstudiums hat sich Claudia Muntschick mit Arbeitsräumen für Kreativschaffende beschäftigt. Um die Jahrtausendwende war der Begriff Kreativwirtschaft noch nicht so verbreitet wie heute. Doch schon damals trieb Muntschick ein Bauchgefühl, dass ziemlich bald der Bedarf an neuen, originellen Arbeitsräumen steigen wird.
Wertvolles Potential
In ihrer Diplomarbeit erforschte sie, wie sich größere Industriebrachen heterogen und kleinteilig nutzen lassen. Das Thema hat sie später im Masterstudium an der TU Dresden vertieft. „Wenn man sich Industriegeschichte von Sachsen anguckt: Da haben sich Leute unterschiedlichster Gewerke in einem Raum zusammengefunden – eben in den Manufakturen der Zeit“, erklärt Muntschick. „Da hat jeder den Arbeitsschritt absolviert, den er am besten konnte. Daraus entstand dann das Produkt in einer größeren Mengen und dadurch eine Wertschöpfungskette, die allen gedient hat. So ähnlich funktioniert das heute einem Coworking-Space, dass man aufgrund des Wissens und der Interdisziplinarität zusammenkommt, um unterschiedliche Arbeitsfelder und Projekte abzudecken.“
Kreativstandort Sachsen
Claudia Muntschick ist deutschlandweit unterwegs, um historische Bausubstanz zu retten. Als Beraterin für Regionalentwicklung sowie Kultur- und Kreativwirtschaft setzt sie sich vor allem für die Neubelebung leerstehender Gebäude ein. Seit 2017 fördert der Freistaat Sachsen dauerhaft das Sächsische Zentrum für Kultur- und Kreativwirtschaft mit 500.000 pro Jahr, vorerst bis 2021. Es ist die zentrale Anlaufstelle für kreative Akteure und Multiplikatoren und wird getragen vom Landesverbandes der Kultur- und Kreativwirtschaft Sachsen e. V.. Er erbringt zusätzliche Eigenleistungen in Höhe von 5.000 Euro pro Jahr. Aktuell arbeiten 7 feste MitarbeiterInnen im Projekt mit Standorten in Chemnitz, Dresden und Leipzig. Die Aufgaben sind vielfältig. Die landesweite Plattform stärkt branchenübergreifend die Vernetzung der Akteure, verleiht der Branche Sichtbarkeit und hilft Einzelakteuren und Unternehmen, sich am Markt zu etablieren, bietet Vor-Ort-Beratungen sowie teilmarktspezifische gründungs- und wachstumsbezogene Qualifzierungsleistungen in ganz Sachsen an.
Kooperationen mit Wirtschaft und Wissenschaft
Erfolgsbewährt ist inzwischen die enge Zusammenarbeit mit Akteuren aus Wirtschafts- und Kulturförderung, Stadt- und Regionalentwicklung, Fördereinrichtungen, Verbänden, Netzwerken, Kammern und Hochschulen, insbesondere den Kunsthochschulen. „Zu den Wirtschaftsförderungen in den einzelnen Städten haben wir sehr guten Kontakt und regelmäßige Jour fixe Leipzig, Chemnitz, Dresden“, erzählt Muntschick. „In Chemnitz haben wir Projekte mit der dort ansässigen Wirtschaftsförderung entwickelt, ebenso in Leipzig. In Dresden haben wir einen städtischen Kreativwirtschaftsverband, der sogar einen Dienstleistungsvertrag mit der Stadt abgeschlossen hat. Im ländlichen Raum ist es so, dass wir von den Mittelstädten direkt angesprochen werden. Sie sagen: Wir haben hier Immobilien, die möchten wir gerne mit euch Kreativen gemeinsam entwickeln.“
Standortfaktor Kreativwirtschaft
Verschiedene sächsische Städte, wie Görlitz und Moritzburg, sind immer wieder Kulisse für historische und moderne Filme und bieten so reizvolle Anziehungspunkte für Drehort- und Kulturtourismus. Sachsen trumpft auch mit einer lebendigen Festivalkultur, mit kultur- und kreativwirtschaftlichen Messen und vielfältigen Produkten, z. B. mit Kunsthandwerk und dem Musikinstrumentenbau. Für Claudia Muntschick sehen die Entwicklungen vielversprechend aus: „Egal ob in der Tourismuswirtschaft, der Automobilwirtschaft oder im Maschinenbau, alle brauchen in Zukunft Innovationsprozesse hinsichtlich ihrer Produkte und vor allem ihrer Unternehmensführung und der kollaborativen Zusammenarbeit. Da können wir Kreative viele Lösungen anbieten.“
PODCAST-Interview mit Claudia Muntschick
Antje Hinz interviewte Claudia Muntschick für die Studie (2020): Standortoffensive Westmecklenburg: Wirtschaftsförderung 4.0 durch Kultur- und Kreativwirtschaft. Online-Umfrage, qualitative Interviews und Strategiekonzept. Hier mehr…
Text: Antje Hinz