Was wäre , wenn wir die Zukunft gestalten statt Probleme verwalten? Diese Frage stellte die bundesweite Allianz der Gestalter*innen im Vorfeld der Bundestagswahlen und lud zu verschiedenen Dialogforen in ganz Deutschland ein. In Mecklenburg-Vorpommern fanden zwei Veranstaltungen statt, in Malchin und Nieklitz.
Die Genossenschaft und Netzwerk Wir bauen Zukunft in Nieklitz ist als Regionalwerkstatt Teil der bundesweiten Allianz, baut auf den Erkenntnissen der zentralen Werkstatt der Mutigen auf, die am 29. Januar in Berlin ihren Auftakt hatte, und vertieft die Inhalte sowie Kooperationsmöglichkeiten auf lokaler Ebene. Dazu waren verschiedene Akteure aus der Region eingeladen, sich zu beteiligen und den Raum für direkten Austausch, respektvolles Miteinander und mutige Zukunftsgestaltung gemeinsam zu nutzen. Von der großen Resonanz auf die Einladung waren die Veranstalter mehr als überrascht. Etwa 50 Engagierte aus den Landkreisen Ludwigslust-Parchim und Nordwestmecklenburg fanden den Weg in das ländliche Zukunftszentrum. Dort kamen sie mit politischen Entscheidungsträger*innen und Bundestagskandidierenden zusammen. Das Ziel der Veranstaltungsreihe ist eine neue Art des politischen Miteinanders – überparteilich, praxisnah und zukunftsweisend. Auch mehrere Kulturschaffende aus der Region nutzten die Gelegenheit, sich einzubringen und regionale Lösungen für bundesweite Veränderung zu entwickeln.

Diskutiert wurde in vier Themenworkshops, zu denen sich die Teilnehmenden jeweils zusammenfanden. Neben den Bereichen Energie, Landwirtschaft und Bildung wurde auch ein Workshop zu Kunst & Kultur organisiert. Dabei wurde zunächst darüber gesprochen, was den anwesenden Akteuren der Kulturszene wichtig ist. Genannt wurde Solidarität unter den Kulturschaffenden sowie Zusammenarbeit und Vernetzung, aber auch Jugendförderung und kulturelle Bildung für Kinder- und Jugendliche als fester Baustein. Daneben waren aber auch Sichtbarkeit von Kulturangeboten, die Wertschätzung kultureller Arbeit sowie die Anerkennung von Kultur auch als Wirtschaftsfaktor für die Region wichtige Punkte. Hier nannten die Kulturschaffenden eine Kommunikation auf Augenhöhe als wichtiges Element des Austausches zwischen Kulturschaffenden, Politik und Verwaltung.
Sozialer Mehrwert von Kultur
Im zweiten Schritt setzten sich die Kulturschaffenden damit auseinander, was genau sie verändern möchten. Dabei wurden neben der Schaffung und Pflege überregionaler Netzwerke und der Wahrnehmung der Potentialen von Kultur für die Region sowie das Einbringen ihrer integrativen Kraft in gesellschaftliche Prozesse vor allem mehr Freiraum in den Förderbedingungen und weniger Bürokratie als wichtige konkrete Punkte genannt. Wie genau Politik beim Erreichen dieser Ziele helfen kann, wurde im dritten Schritt diskutiert. Ganz oben auf der Agenda stand dabei, dass Kultur als Pflichtaufgabe anerkannt werden müsse, insbesondere in ihrem Wirken zur Förderung von Demokratie und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Dies beinhalte, dass Politik die Leistung von Kultur als sozialen Mehrwert auch nachhaltig anerkennen müsse, insbesondere für die ländlichen Räume ist dies ein wichtiger Punkt. Bei der Konzeption von Förderprogrammen sollten zudem auch Akteure aus den ländlichen Räumen in Fachbeiräten und Jurys einbezogen werden, um den dortigen Bedürfnissen gerecht zu werden bzw. diese bei den Entwicklungsprozessen zu berücksichtigen. Daneben müssten Förderprogramme ressortübergreifend erarbeitet werden und auch die Wirtschaftsförderung Kulturprojekte in die Maßnahmenkataloge mitaufnehmen. Ein ganz entscheidender Punkt zur Partizipation und Teilhabe an Kultur aber auch anderen Grundbedürfnissen sei der Ausbau und die Entwicklung einer entsprechenden Infrastruktur, sowohl hinsichtlich der Erreichbarkeiten und des Anschlusses durch den ÖPNV als auch durch die flächendeckende Bereitstellung von gutem Internet. Hier hinken ländliche Regionen z. T. noch immer eklatant hinterher.

Gemeinwohlorientierung im Fokus
Im Anschluss an die Workshoparbeit stand die Vorstellung dieser Ergebnisse für alle Teilnehmenden auf dem Programm. Seitens der Politik waren zu dieser Runde u. a. Reem Alabali-Radovan (SPD), Miro Zahra (Bündnis 90 / Die Grünen), Horst Krumpen (LINKE) und Christian Krüger-El Bissani (Volt) dazugestoßen. Auch in den anderen Themengruppen wurden eine Verschlankung der Bürokratie, mehr transparente Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern, gemeinwohlorientiertes Wirtschaften und eine entsprechende Konzentration der Förderung auf solche Maßnahmen, sowie mehr Beteiligungsmöglichkeiten, Integration und Stärkung des Ehrenamtes und partizipativer Projekte zur Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhalts als wichtige konkrete Punkte für die Region genannt. Zu einzelnen Punkte bezogen die politischen Akteure in einer Fishbowl-Runde anschließend Position und diskutierten mit Teilnehmenden mögliche Lösungsansätze und Umsetzungsstrategien.
Insgesamt beteiligten sich in ganz Deutschland über 300 Engagierte an 25 Orten an den regionalen Werkstätten der Mutigen. Verabschiedet wurde ein Manifest für Regionales Gestalten – für Mut und neue Gestaltungskraft in Deutschland. Zudem wurden 70 Verabredungen getroffen – mit Impulsen aus einer Region in eine andere bzw. von den Regionen auf die bundespolitische Ebene.
Auch die Veranstaltung in Nieklitz hat gezeigt, dass dieses Format vor Ort in der Region Potential hat und eine spannende Möglichkeit der Partizipation von engagierten Akteuren an gesellschaftlichen Prozessen und politischen Umsetzungsstrategien sein kann. Deshalb soll diese Reihe weiterentwickelt und weitere Gespräche mit politischen Gestalter*innen und regionalen Akteuren organisiert werden. Für Mecklenburg-Vorpommern hat sich dafür ein Netzwerk gebildet, das die mögliche Umsetzung und Organisation einer solchen Fortführung gemeinsam auf den Weg bringen möchte. Mehr Infos unter www.werkstatt-der-mutigen.org
Text: Manuela Heberer
Fotos: Michael Taterka, Wir bauen Zukunft eG